Skandalöses Verständnis von Demokratie und Datenschutz bei sächsischen Behörden

Wie heute aus Presseveröffentlichungen bekannt wurde, haben Polizei und Staatsanwaltschaft am 19. Februar die Gesprächsdaten zehntausender Bürger und Bürgerinnen in der Dresdner Südvorstadt erfasst. So wurden mittels einer sogenannten Funkzellenauswertung (FZA) die Handyverbindungen aller registriert, die sich in dem Gebiet aufgehalten haben; Anwohner_innen, Politiker_innen, Demonstrant_innen, Rechtsanwält_innen, Journalist_innen … . Nach Informationen der „tageszeitung“ (taz) wurden mindesten 4,5 Stunden lang sämtliche Anrufe und Kurznachrichten, die in dem Gebiet ein- und ausgingen, sowie die Positionen der Anrufer_innen gespeichert.

Josephine Fischer, Sprecherin der Kampagne: “Dieses Vorgehen der Behörden ist skandalös und juristisch mehr als nur zweifelhaft. Die Erfassung zehntausender Benutzerdaten ist völlig unverhältnismäßig. Sie erinnert fatal an die Überwachung demokratischer Opposition in autoritären Regimen.“

Klammheimlich wollten die Behörden wohl ihr Vorgehen gestalten und sind an der Übereifrigkeit einiger Polizeibeamter gescheitert, die die erhobenen Daten nun auch in Verfahren gegen Blockierer eingespeist haben. Offiziell erhoben worden sie nach Beschluss des Amtsgerichts Dresden jedoch im Zuge eines Ermittlungsverfahrens wegen schweren Landfriedensbruchs. Jetzt rudert auch die Staatsanwaltschaft Dresden notgedrungen zurück und hält die Daten für „nicht verwertbar“.

Josephine Fischer: „Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Als Behörde von Volljuristen wurde sie erst durch die Öffentlichkeit gezwungen rechtswidrige Datenkoppelungen zurückzunehmen. Diese „Zwei Schritte vor, einen Schritt zurück“ Taktik ist ein scheibchenweiser Abbau von Grundrechten.“

Das Vorgehen sächsischer Behörden reiht sich in eine lange Kette von Versuchen ein Grundrechte nach und nach auszuhöhlen, immer mit dem Verweis, wem staatliche Maßnahmen nicht passen, solle doch klagen. Wir erinnern die staatlichen Funktionsträger daher erneut nachdrücklich an Artikel 20 Absatz 3 GG: „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“

Josephine Fischer: „Wer das Gewaltmonopol hat, darf es nicht schamlos gegen seine Bürgerinnen und Bürger ausnutzen. Wir wehren uns nachdrücklich gegen die Kriminalisierung antifaschistischen Engagements und die Aushöhlung von Grund- und Menschenrechten.“

Aus aktuellen Anlass möchten wir ausdrücklich auf unsere Veranstaltungsreihe „au revoir tristesse“ hinweisen. Am 28. Juni, 20 Uhr wird Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk über die Kriminalisierung antifaschistischen Engagements sprechen (Scheune, Alaunstr. 36-40). Am 8. Juli, 20 Uhr wird die Medienexpertin Anne Roth über ihre Erfahrungen mit behördlicher Ermittlungen und die Auswirkungen auf das eigene Leben referieren (Motorenhalle, Wachsbleichstr. 4a, 01067 Dresden).

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