Wenn zahnlose Tiger doch einmal beißen… Der Bericht des Sächsischen Datenschützers

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Als der Sächsische Datenschutzbeauftragte am 9. September seinen Prüfbericht zur sog. Handydaten-Affäre vorlegte, war die Kritik an der massenhaften Erhebung von Daten durch Polizei und Staatsanwaltschaft mehr oder weniger amtlich: Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben, unangemessene Ausmaße, unrechtmäßig, über das Ziel hinausgeschossen, Missachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und, als besonderes Schmankerl, eine fragwürdige Antragspraxis der Dresdner Staatsanwaltschaft – so werden bereits ausformulierte Beschlüsse dem Ermittlungsrichter vorgelegt, die richterliche Prüfung scheint sich in der Unterschrift zu erschöpfen. Auf 53 Seiten geht der Datenschützer den im Februar durchgeführten Funkzellenabfragen und ihrer Beantragung auf den Grund und mit diesen ins Gericht. Am Ende bleibt ihm nur die förmliche Beanstandung gegen PD Dresden, LKA Sachsen und Staatsanwaltschaft Dresden.

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Bürgerpreisverleihung ohne Bürger_innen

Am Abend des 20.10.2011 wurde in der Dresdner Frauenkirche erstmals der so genannte Bürgerpreis der Sächsischen Staatsregierung verliehen. Eine Beteiligung der sächsischen Bürger_innen war an diesem Abend allerdings unerwünscht. Am Eingang zur Zeremonie wurden Menschen, die an der Veranstaltung teilnehmen wollten abgewiesen, mit der Begründung, dass nur geladene Gäste Zutritt hätten. Eine Anmeldung im Vorfeld der Veranstaltung war für Bürger_innen nicht möglich.

Bereits das Zustandekommen der Nominierten erscheint wenig offen und bürgerfreundlich zu sein. So war es weder sächsischen Vereinen und Initiativen, noch den Bürger_innen selbst möglich eigene Vorschläge für mögliche Preisträger zu machen.

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Strafverfahren ohne rechtliche Grundlage – in Sachsen geht alles

Im April dieses Jahres hatte der Verfassungsgerichtshof des Freistaats Sachsen das umstrittene Sächsische Versammlungsgesetz aus formalen Gründen gekippt – und zwar rückwirkend zu seinem Inkrafttreten im Januar 2010. Mit anderen Worten: Sachsen hatte zwischen Januar 2010 und April 2011 kein gültiges Versammlungsgesetz.

Damit könnte laut einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages die rechtliche Grundlage für die von der Staatsanwaltschaft Dresden geführten Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz fehlen. Dies berichtete heute unter Berufung auf dieses Gutachten die taz. Demnach sind die vier Strafverfahren aus 2010 und die 50 aus dem Jahr 2011 möglicherweise rechtswidrig, da eine sogenannte „Strafbarkeitslücke“ besteht. Diese entseht, weil nach rückwirkender Außerkraftsetzung des Landesgesetzes auch nicht einfach das entsprechende Bundesgesetzt einspringen darf. Dieses sieht nämlich für einen Verstoß gegen §21 VersG eine höhere Strafe vor, als das gekippte Landesgesetz und entsprechend könnten die Beschuldigten nachträglich höher bestraft werden. Das aber verstoße laut Gutachten gegen das im Grundgesetz festgeschriebene Rückwirkungsverbot – begehe ich eine Straftat, so muss ich mir sicher sein können, welches Strafmaß dafür zu erwarten ist und kann nicht rückwirkend verändert werden.

Die von der taz zitierte Quintessenz des Gutachtens: „… die Einleitung eines Strafverfahrens für Taten für den Zeitraum zwischen Verkündung und Nichtigerklärung (des Sächsischen Versammlungsgesetzes dürfte) wegen der dargestellten Strafbarkeitslücke nicht möglich sein“. Ob das die Dresdner Staatsanwaltschaft dazu bewegen wird, von der weiteren Strafverfolgung abzusehen, bleibt abzuwarten. Die ersten Prozesse gegen 2011er Sitzblockierer werden ab nächster Woche (Montag, 10.10., 8:30 Uhr) am Amtsgericht Dresden stattfinden. Und auch Linken Fraktionsvorsitzender André Hahn muss mit einem Prozess rechnen, nachdem vergangene Woche die Mehreit des Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschusses der Aufhebung seiner Immunität zugestimmt hatte.

Solidarität muss praktisch werden

Das Vorgehen sächsischer Ermittlungsbehörden gegen Antifaschist_innen in Sachsen und Thüringen und die Linksextremisten-Hatz der Landesregierung hat für einigen medialen Wirbel gesorgt. Der allein genügt jedoch nicht. Es ist wichtig weiter Aufmerksamkeit auf die skandalösen Maßnahmen und die Diffamierungskampagne zu lenken, den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen und zu zeigen, dass die Betroffenen der Ermittlungen nicht alleine gelassen werden. Gegen ihre Repression setzen wir unsere Solidarität. Die nächsten Wochen bieten mehrere Möglichkeiten das deutlich zu machen. Wir empfehlen ausdrücklich die Teilnahme an den unten genannten Veranstaltungen. Nutzt diese Möglichkeiten, tragt den Protest auf die Straße: Antifaschismus ist nicht kriminell, sondern extrem notwendig! Continue reading „Solidarität muss praktisch werden“

Das LKA will das „Leck“ mithilfe der Presse finden

Auf der Suche nach dem „Leck“, aus dem das Schreiben des LKA Sachsen zum Einsatz eines IMSI-Catchers, in die Öffentlichkeit entwich, schrieben die Beamten die Chefredakteure aller Zeitungen an, die darüber berichtet hatten. Doch sie forderten keineswegs nur die Herausgabe des brisanten Papiers, das es vermocht hatte, den Innenminister zu blamieren – der hatte nämlich bis zuletzt den Einsatz eines solchen Gerätes dementiert. Wenn man als Schnüffler schon einmal dran ist, lässt sich vielleicht gleich noch mehr erfahren. Das Neue Deutschland berichtete dass das LKA ebenfalls Kontakte und Quellen von Journalisten abfragte. Sie sollten preisgeben, welche Dokumente und Informationen sie von wem bekommen hatten. Das ist bemerkenswert, zeigt es doch erneut mit welchem Verständnis von Grundrechten die Beamten des Landeskriminalamtes in Sachsen agieren. Doch wir setzen darauf, dass die Chefredakteure der „Vierten Gewalt“ wissen, solchen in die Pressefreiheit eingreifenen Vorstößen zu antworten: „Die Anfrage könne inhaltlich nicht beantwortet werden, schrieb ND-Chefredakteur Jürgen Reents ans LKA – mit Verweis auf Grundgesetz Artikel 5, der die Meinungs- und Pressefreiheit regelt und damit auch den Schutz etwaiger Informanten: Ein Grundsatz, ohne den es eine freie und unabhängige Berichterstattung nicht geben könnte.“ (ND) Auch die Dresdner Morgenpost werde nicht kooperiern. Selbst wenn, so der Chefredakteur gegengüber der taz „nicht auszuschließen sei, dass die Dresdner Staatsanwaltschaft ‚jetzt auch noch in eine Redaktion einmarschiert'“.