Wenn Antifaschismus nicht die richtige Antwort ist, was war dann die Frage?

Wenn Antifaschismus nicht die richtige Antwort ist, was war dann die Frage? In der neuen Rubrik „Politik im Gespräch“, wo die Staatsregierung ein offenes Ohr für die Bürger_innen des Freistaates suggeriert, stellt Innenminister Markus Ulbig die Frage nach dem richtigen Rezept gegen „Rechtsextremismus“. In einem professionell anmutenden Video ruft er dazu auf mitzumachen, mitzudenken und mit zu diskutieren.

Mitmachen heißt da „über uns selber nachdenken“ wegen des „braunen Terrors“. Das finden wir gut. Liebe Innenminister von Bund und Ländern: denken Sie doch einmal über sich nach und fragen sich, wie es sein kann, dass Nazis über 10 Jahre durch die Republik reisen und Menschen erschießen, die Behörden dabei zusehen und unterstützen, der Polizei nichts Besseres einfällt, als im Umfeld der Opfer nach kriminellen Machenschaften zu ermitteln, Ermittlungsbehörden ein rechtes Tatmotiv immer als erstes ausschließen und im Ergebnis all dessen diese Behörden auch noch mehr Kompetenzen und Mittel erhalten, anstatt zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Mitdenken heißt da „rassistische Äußerungen dürfen nicht unwidersprochen bleiben“ und „Rechtsextremistisches Gedankengut darf in Sachsen nicht salonfähig werden“. Wir denken nicht nur mit, sondern weiter und stellen fest, dass Rassismus auch dann widersprochen werden muss, wenn er in Gesetzesform gegossen, das Asylrecht abschafft, Flüchtlinge abschiebt oder mit Sammelunterkünften, Lebensmittelpaketen und Residenzpflicht drangsaliert; wenn er in der Namensgebung von Sonderkommissionen zur Ermittlung von Morden an Migranten, wie „Bosporus“ und „Aladin“ sichtbar wird; wenn über nützliche und unnütze Zuwanderung gesprochen wird – wenn er aus der demokratischen Parteienlandschaft wie aus der Mitte der Gesellschaft kommt.

Rassismus ist wie andere menschenverachtende Einstellungen schon lange salonfähig, nicht nur in Sachsen – „rechtsextremistisches Gedankengut“ nach Ihrer Meinung noch nicht, aber was verstehen Sie dann darunter? Wollen Sie uns wirklich glaubhaft machen, dass Sie Wahlergebnisse von über 20 Prozent für die NPD nur fünf Kilometer von ihrem Wohnort entfernt nicht für solches halten? Sie sagen „Antifaschismus ist nicht die richtige Antwort, sondern Demokratie – Auseinandersetzung aus der Mitte der Gesellschaft“. Wir sagen, genau diese demokratische Mitte, die sie beschwören, ist es, in der Ideologien der Ungleichwertigkeit vorhanden sind und weitergegeben werden. Einstellungsmuster wie Rassismus, Antisemitismus, Sozialchauvinismus, Nationalismus, Autoritarismus etc. sind keine Randphänomene, sondern finden sich im Denken der gesamten Gesellschaft und mitten in der Demokratie. Sich dagegen zu wenden ist Antifaschismus und der ist so lange die notwendige und richtige Antwort auf menschenverachtende Einstellungen, solange diese in der Gesellschaft und in der Demokratie fortleben.

Wenn Sie also meinen, dass Antifaschismus nicht die richtige Antwort ist, dann formulieren Sie die Frage neu!